BERLIN. Die Humboldt-Universität zu Berlin hat nach Protesten linker LGBTQ-Gruppen den Vortrag einer Biologin abgesagt. Unter dem Titel „Geschlecht ist nicht (Ge)schlecht, Sex, Gender und warum es in der Biologie zwei Geschlechter gibt“ sollte die Doktorandin Marie-Luise Vollbrecht am Samstag bei der „Langen Nacht der Wissenschaft“ einen Vortrag halten. Wenige Stunden vorher wurde die Veranstaltung gestoppt. Der Grund: Linke Aktivisten hatten zum Protest aufgerufen und der Wissenschaftlerin Transfeindlichkeit vorgeworfen.
„Queer und trans*feindlichen Ideologien“ sollte keine Bühne an der HU geboten werden, verlangte etwa der „Arbeitskreis kritischer Jurist*innen an der Humboldt-Uni Berlin“, der eine Demonstration vor dem Gebäude plante. Daraufhin sagte die Universität den Vortrag wegen Sicherheitsbedenken ab. „Wir bedauern sehr, daß Frau Vollbrecht den Vortrag nicht halten kann“, sagte Birgit Mangelsdorf, die Kommunikationschefin der Hochschule, der Welt am Sonntag. „Die Entscheidung sei keine inhaltliche Aussage, sondern diene der reinen Sicherheit.“
In ihrem Vortrag wollte die Forscherin darüber referieren, warum es in der Biologie nur zwei Geschlechter gebe. Der Vortrag ist noch online einsehbar. Vollbrecht gehörte zu den fünf Gastautoren, die Anfang Juni in der Welt gegen die Indoktrinierung von Kindern durch die öffentlich-rechtlichen Sender protestierten.
Kein Einzelfall an Berliner Universitäten
Das Netzwerk Wissenschaftsfreiheit empörte sich angesichts der Entscheidung der Universität. Der Vorwurf der Transfeindlichkeit sei durch nichts gerechtfertigt, hieß es in einer Stellungnahme. Gremien wie die Asten würden offen versuchen, „Wissenschaftler aufgrund ihrer Auffassungen zu vertreiben und ihre Karriere zu beenden“.
Auch andere Forscher würden „regelmäßig bedroht und beleidigt“ werden. „Diese Tendenzen stellen die Wissenschaftsfreiheit an Berliner Hochschulen und Universitäten nicht nur im Einzelfall, sondern grundsätzlich in Frage“, warnt das Netzwerk. „Wir fordern die Senatsverwaltung auf, ihrer grundrechtlichen Schutzpflicht zugunsten der Wissenschaftsfreiheit nachzukommen und derartige Vorfälle künftig zu unterbinden.“
Auch die ehemalige FDP-Generalsekretärin Linda Teuteberg kritisierte „das regelmäßige Einknicken“ von Universitäten als „Teil des Problems“. Der Migrationsforscher Ruud Koopmans kommentierte: „Die Humboldt-Universität sagt einen Vortrag aus Sicherheitsgründen ab und nur die konservative Presse scheint das berichtenswert zu finden. In was für einer Welt bin ich aufgewacht, würde ein Zeitreisender aus der Vergangenheit fragen.“
Morddrohungen gegen J.K. Rowling
In Köln ist es unterdessen während des Dyke March am Samstag zu Auseinandersetzungen zwischen transkritischen Demonstranten und LGBTQ-Aktivisten gekommen. Erstere zeigten während des Marsches eine Regenbogenfahne auf der lediglich die Buchstaben LGB zu sehen waren, um so zu verdeutlichen, daß Männer nicht lesbisch sein können. Das sorgte offenbar für Ärger. Ihnen wurde die Fahne mit Gewalt entrissen.
If you do this during the cologne dyke march, you will get beaten up by TRAs…. pic.twitter.com/DZEljlkX4R
— Frau Mond (@LaluchaDora08) July 2, 2022
In Großbritannien untersucht die Polizei derweil eine Morddrohung gegen die Autorin J.K. Rowling, nachdem ein Trans-Aktivist Twitter-Nutzer aufgefordert hatte, eine Bombe an das Haus der Autorin zu verschicken. Der beleidigende Tweet enthielt ein Bild der Harry-Potter-Schöpferin, die Adresse ihrer Familie, ein Bild einer Rohrbombe und das Titelbild eines Bombenbauhandbuchs, berichtete die Daily Mail. Rowling veröffentlichte am Freitag einen Screenshot der Drohung und beklagte sich darüber, daß das Twitter-Konto schon seit mehreren Wochen aktiv sei. Sie fügte hinzu: „Das Konto ist natürlich weiterhin aktiv.“ Der Account, auf dem die Transgender-Flagge abgebildet ist, hatte am Vortag auch getwittert, daß feministische Schriftstellerinnen wie die Aktivistin Julie Bindel sich selbst töten sollten. Die Polizei gab an, die Vorfälle untersuchen zu wollen. (ha)